Kleiner Wegweiser zum ernstgemeinten „Namasté!", mit Buchempfehlungen.
Der Tick, keine Worte in den Mund zu nehmen, die ich nicht verstehe, wurde mir vermutlich in die Wiege gelegt. Als Tochter von Übersetzern weiß ich nämlich: die Nutzung unverstandener Begriffe geschieht auf eigene Gefahr. Deshalb bin ich auch Fan des Wörterbuchs, denn die Welt ist groß und voller großer Worte.
Einer meiner Tabu-Begriffe war: Namasté.
नमस्ते
Namasté
Die Definition des Wörterbuchs lautet: "Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir." Oh my!
Namasté-Momente hat es glücklicherweise schon gegeben in diesem Leben. Meist mit den ganz lieben, den ganz nahen Menschen. Aber das stereotype „Namasté“ der YogalehrerInnen hat mich meist peinlich berührt hinterlassen. Warum? Na, weil ich ein Wort in den Mund nahm, hinter dem ich nicht stand – zumindest nicht jetzt, nicht hier.
„Mein Göttliches grüßt dich nicht, Alter, weil ich keine Ahnung hab wo es grade steckt. Und deshalb: Nama-NEEE! So schaut's aus.“
Aber der heimliche Wunsch blieb bestehen: Diesen schönen Gruß eines Tages still oder laut an jeden Menschen richten zu können, weil ich ihn auch wirklich meine. Wie müsste es wohl sein, in einer Wirklichkeit zu leben, in der ich von Verbündeten umgeben bin? Beste Freundin oder mieser Hund – ganz gleich: „Namasté, Bruder, Schwester – ICH SEHE DICH.“
Nama-Yay! - So geht's
Namasté-Momente können – an guten Tagen – willentlich herbeigeführt werden, das weiß ich mittlerweile. Hier ist ein kleiner Wegweiser.
1. Heilige im Supermarkt
In seinem empfehlenswerten Buch „Das Herz des Yoga“ [s. unten] erklärt Max Strom die Macht unserer Absicht anhand einer kleinen Übung. Er schlägt vor, beim nächsten Ausflug an einen belebten Ort unsere Mitmenschen mit verschiedenen Augen zu betrachten: zum Beispiel als wären wir eine Zahnärztin, ein Designer, oder ein Single auf der Suche. In jeder Rolle werden wir völlig andere Dinge bemerken: die Zähne, die Mode, die Anziehungskraft.
Was aber, wenn wir versuchen würden, eine/n Heilige/n ausfindig zu machen? Jemanden, der hervorsteht durch Güte, Freundlichkeit und Fröhlichkeit seinen Mitmenschen gegenüber? Wir würden versuchen, durchs Äußere hindurch ins Herz der Menschen zu blicken, um herauszufinden, ob das Heilige darin noch schläft oder schon leuchtet.
Um heilige Menschen zu sehen, müssen wir heilige Augen nutzen. Um das Gute zu sehen, müssen wir unseren gütigen Blick verwenden. „Namasté“ fällt selten vom Himmel und meistens ist es einfach eine Sache unserer Absicht: eine Frage der Brille.
2. Klar, nicht rosarot
"Namasté" ist keine rosarote Brille. Wir sehen am Anderen vielleicht die Schale der Konditionierungen. Statt sie aber zu übersehen, sehen wir hindurch in die Tiefe. Unsere Absicht wird zum Röntgenstrahl, der sich von Oberflächlichkeiten nicht ablenken lässt.
3. Zum sicheren Hafen werden
Ich glaube nicht, dass sich diese Sichtweise vor ihrer Zeit erzwingen lässt. Allerdings weiß ich, dass sie Vorboten hat, zum Beispiel folgende Fragen: „Wie kann ich mich den Menschen in meinem Leben verbundener fühlen?“, oder: „Wie kann ich zu einem Menschen werden, in dessen Gegenwart Andere sich entspannen und erholen?“
In meinen Augen besteht unser größter Dienst darin, zu einem sicheren Hafen für unsere Mitmenschen zu werden. Ich meine damit, in uns eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich
Menschen aufgehoben und sicher genug fühlen, ganz sie selbst zu sein.
Ein Kerze brennt nicht an einem windigen Ort. Genauso können wir dem Guten in unseren Mitmenschen kein Zuhause bieten, wenn wir selbst rastlos und zerrissen sind.
4. Je suis Namasté
Wie können wir zum Hafen werden? In dem wir uns täglich selbst mit „Namasté“ begrüßen: „Das Gütige in meinem Herzen sieht das Gütige in meinem Wesen.“ Wir müssen das
Gute sehen wollen, um es sehen zu können, nicht umgekehrt.
Genügend Menschen glauben, dass sie die Strategie harter Kritik und Entbehrung erfolgreicher machen wird. Sie richten alle Bemühungen darauf, jedes innere Unkraut ausfindig zu machen und
auszurotten. Dabei vergessen sie völlig darauf, zu säen, was sie eigentlich ernten wollen. Am Ende haben sie einen unkrautfreien, aber ganz leeren Acker; ähnlich einem perfekt getrimmten
Körper, der sich immer noch hohl anfühlt, weil kein Wohlbefinden darin kultiviert wurde.
Güte uns selbst gegenüber bedeutet, uns auf die Pflege des Guten, Gesunden und Fröhlichen zu konzentrieren und uns mit Freundlichkeit unseren Schwierigkeiten zuzuwenden. Wie? Wir wählen eine handliche Praxis, die uns froh und munter macht und bleiben einfach dran.
Buchempfehlungen
- Max Strom: „Das Herz des Yoga: Körper, Geist, Gefühle - Die drei Säulen der Transformation". Auf
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- Mark Whitwell: „The Promise of Sex, Love and Intimacy: How a simple breathing practice will enrich your life forever." Auf
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Ab Mai auf Deutsch: "Das 7-Minuten-Versprechen"
- Robert Augustus Masters: "Transformation through Intimacy. The journey toward awakened monogamy."
Auf Amazon
- Safi Nidiaye: "Herz öffnen statt Kopf zerbrechen." Auf Amazon
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Andreas (Donnerstag, 30 April 2015)
Danke :) Je suis Namasté, des is ein guter Anfang :)
Susanna (Samstag, 02 Mai 2015 19:38)
Hallo Andreas, schön dass du vorbeischaust!
Dann lass uns den Anfang machen :)